Zwangsruhen von Einsprüchen: Verfahrensrechtliche Details im Überblick
Steuerzahler müssen sich nicht immer selbst durch die Instanzen kämpfen, um ihr Recht durchzusetzen, sondern können sich mit einem Einspruch auch an bereits laufende Musterverfahren anhängen und so ein Ruhen ihres Einspruchsverfahrens erreichen. Ergeht später ein positiver Richterspruch, kann dieser auf den eigenen Steuerfall übertragen werden.
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat in einer neuen Verfügung erklärt, welche verfahrensrechtlichen Details beim sogenannten Zwangsruhen des Einspruchsverfahrens zu beachten sind.
Hinweis: Dieses „automatische“ Ruhen tritt ein, wenn ein Bürger seinen Einspruch auf ein anhängiges Musterverfahren stützt, das wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage beim Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht (z.B. Bundesfinanzhof) anhängig ist.
Nach der Weisung gilt:
Das Zwangsruhen eines Einspruchsverfahrens tritt nur ein, wenn der Einspruchsführer seinen Einspruch auch auf das anhängige Musterverfahren stützt. Kann das Finanzamt nicht ermitteln, ob das genannte Musterverfahren tatsächlich anhängig ist, kann es vom Einspruchsführer einen Nachweis über dessen Anhängigkeit verlangen (z.B. Benennung der Fundstelle in der Fachliteratur).
Das Zwangsruhen erfasst nicht den gesamten Einspruch, sondern lediglich den Bereich, der die im Musterverfahren aufgeworfene Rechtsfrage betrifft. Tritt die Verfahrensruhe nicht für den gesamten Einspruch ein (z.B. weil im Einspruch neben dem Bezug auf ein Musterverfahren noch andere Einwendungen gemacht werden), müssen die Finanzämter die nicht ruhenden Punkte des Einspruchs „abklemmen“ und für sie einen (stattgebenden) Teilabhilfebescheid oder eine (ablehnende) Teileinspruchsentscheidung erlassen.
Kann der Einspruchsführer nicht nachweisen, dass das genannte Musterverfahren anhängig ist oder kommt das Finanzamt zu der Auffassung, dass der Ausgang des genannten Verfahrens für das Einspruchsbegehren gar nicht relevant ist, soll das Amt den Einspruchsführer darüber informieren und ihn zur Rücknahme des Einspruchs auffordern.
Die Zwangsruhe des Einspruchsverfahrens endet, sobald das jeweilige Musterverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
Das Finanzamt kann eine Zwangsruhe auch dadurch beenden, dass es nachträglich einen sogenannten Vorläufigkeitsvermerk in den angefochtenen Steuerbescheid aufnimmt, wodurch der Bescheid punktuell „offengehalten“ wird.
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(aus: Ausgabe 05/2016)